Hochtouren im Berner Oberland

16.–23. Juli 2022

23.07.2022

Drei klassische, anspruchsvolle Touren waren geplant für diese Woche. Die Besteigung des Gspaltenhorns, die Überschreitung vom Blüemlisalphorn und die Überschreitung vom Doldenhorn. Diese bilden zusammen eine mächtige Bergkette, welche bei der Anreise von Bern her die Ansicht der Berge prägt.

Sechs Bergsteiger aus der Gruppe nahmen teil: Franz, Matthias, Christian, Ralf, Friedrich, Tobias.

Wir hatten schönstes Wetter. Zu heiß für Hochtouren. Nachttemperatur auf den Gipfeln bei +5 Grad.

Am Samstag 16. Juli fuhren wir gemeinsam mit Christians Kleinbus nach Reichenbach im Kandertal. Dort nahmen wir den Postbus nach Griesalp im Kiental. Der Fahrweg nach dem Talschluss, hoch nach Griesalp, gilt als die steilste Postbuslinie der Schweiz und war beeindruckend.

Ab Griesalp wanderten wir in 3,5 Std hoch zur Gspaltenhornhütte (2.455m) wo wir übernachteten. Unsere Frage nach den Bedingungen am Gspaltenhorn benannte der Hüttenwirt mit: Staubig.

Früh, um 5:15 Uhr, am nächsten Morgen (2. Tag) gingen wir los um das Gspaltenhorn (ZS-,3.436m) zu besteigen. Das Gspaltenhorn ist ein eisfreier Felsgipfel mit Kletterstellen bis III. Das erste Stück noch mit Stirnlampen, dann im dämmerigen Morgenlicht stiegen wir 1 ¼ Std über steile Geröllhänge auf zum Büttlassesattel auf 3.020 m. Von dort sieht man erstmal auf die andere Seite des Gebirgszuges und hat im direkten Blickfeld die Berühmtheiten Mönch, Eiger und Jungfrau. Weiter ging es hoch zum Leiterngrat, ein scharfer Felsgrat mit prickelnder Tiefensicht und einer engen Abstiegsrinne zur felsigen Steilstufe am Beginn des Gipfelanstiegs. Dort gibt es Bohrhaken und Sicherungsseile und Stau. Nach 2 Seillängen wird der Anstieg flacher und kann ohne Sicherung durchstiegen werden. Wir hatten 2 Seilschaften gebildet und erreichten nach ca. 1 Std den Gipfel. Hier hatten wir bei strahlendem Wetter einen überwältigenden Rundblick vom Mont Blanc über Weißhorn und die Walliser Berge zum Aletschorn, Finsteraarhorn, und Jungfrau, Eiger, Mönch. Der Abstieg erfolgte über die Aufstiegsroute, im Gratbereich sehr schön, ab Büttlasse aber mühevoll auf dem steilen Geröllweg. Ab 14:15 Uhr waren dann alle wieder an der Hütte und erholten sich auf der Terrasse von der erfolgreichen Besteigung des Gspaltenhorns.

Am 3. Tag wechselten wir in einer Bergwanderung zur Blüemlisalphütte (2.843m). Wir stiegen 530 m ab und dann wieder 920m auf. Das war genug für diesen Tag.

Für den 4. Tag war die Überschreitung des Blüemlisalphorns geplant (3.657m, ZS bis ZS+, Fels bis III, Firn oder Eis, Gletscher).

Wegen des sehr geringen Schneefalls im vergangenen Winter und weil das Juliwetter extrem warm war gab es keinen Firn mehr, nur noch Blankeis. Die Überschreitung wurde von den Leuten vor Ort als derzeit nicht möglich eingestuft. Auch die örtlichen Bergführer boten eine solche bei den herrschenden Bedingungen nicht an. Dasselbe galt für das Doldenhorn, welches als zweite Überschreitung auf dem Programm stand. Dort ist zusätzlich die Abstiegsroute im Bereich „Spitzer Stein“ gesperrt, weil nach starken Murenabgängen erwartet wird, dass dort ein ganzer Berghang abgehen wird.

Und am Fründenhorn hat sich die große Eisplatte unterm Gipfel geteilt. Es wird befürchtet, dass diese in naher Zukunft abgehen wird. Auf- und Abstieg zum Fründenhorn ist nur noch über den Südwestgrat möglich. Die Route ist schwierig (S-).

Nach intensiver Beratung in der Gruppe beschlossen wir, am 4. Tag das Blüemlisalphorn auf dem Normalweg zu besteigen. Die Route wurde uns vom Hüttenwirt kompetent mit guten Hinweisen erklärt.

Weil keine 2. Übernachtung auf der Blüemlisalphütte möglich war (ausgebucht) und die Wanderung zur Fründenhütte nach der Bergtour als zu anstrengend eingeschätzt wurde, beschlossen wir nach der Blüemlisalptour in Richtung Kiental abzusteigen, zur oberen Bündalp, wo wir ein Übernachtungsquartier bekommen konnten. Um am folgenden Tag ins Tal abzusteigen und ins Klettergebiet Bächlitalhütte am Grimselpass zu fahren. Auch weil die Kletterfreunde unter den Tourteilnehmern eine große Sehnsucht nach Plattenklettern kundtaten.

4. Tag: Die Besteigung des Blüemlisalphorns

Nach dem Bergsteigerfrühstück gingen wir um 4:40 Uhr los. Am Blüemlisalpgletscher bildeten wir 2 Seilschaften. Wir stiegen über den oberen Gletscher auf zur Übergangsscharte zwischen Blüemlisalp und Rothorn. Auf dem Weg über den Gletscher mussten wir auf halber Strecke am Gletscherbruch mehrere große Spalten umgehen, erreichten aber zügig die Abseilstelle in der Scharte. Hier seilten wir 15 m ab auf den unteren Gletscher. Den unteren Gletscher überquerten wir direkt in Richtung Gratsattel des Nordwestgrates. Über den Nordwestgrat führt der Normalanstieg zum Gipfel. Der Übergang vom Gletscher zum Gratsattel zeigte sich als steile Eisrampe mit rutschiger Geröllauflage und einer Höhe von 60m. Darüber folgte ein steiles schottrig-sandiges Band welches über 100m zum Gratsattel führt. Hier gab es ein Stück weit ein Sicherungsseil und ein paar Bohrhaken.

Eine Seilschaft (Tobias, Matthias, Franz) ging hoch. Über die Eisrampe, mit Eisschrauben, gesichert am Seil. Auf dem Band durch die Bohrhaken und ein paar Schlingen und Friends.

Die 2. Seilschaft entschied sich fürs Umkehren.

Nach Erreichen des Nordwestgrates war der Anstieg zum Gipfel unproblematisch. Gehgelände und leichte Kletterei bis II-Grad, in überwiegend gutem Fels. Zügig erreichten wir den Gipfel um ca. 10:00 Uhr, bei schönstem Wetter und einer Aussicht noch schöner als auf dem Gspaltenhorn.

Nach ½ stündiger Pause stiegen wir wieder ab über der Aufstiegsroute. Abgesichert überwanden wir die Eisrampe zum Gletscher. Der Rückweg zur Hütte führte uns, der Beschreibung des Hüttenwirts folgend, den unteren Blüemlisalpgletscher abwärts bis zu einer Felsrampe nahe am unteren Ende des Gletschers. Von dort führte ein Pfad ca. 20 m hoch zum oberen Gletscher, nahe bei der Hütte. Auf dem Weg über den unteren Gletscher mussten wir uns auf der linken Seite halten und einige große Spalten umgehen. Wir kamen auch an bizarren Eistürmen des abschmelzenden Gletschers vorbei.

Um ca. 14:00 Uhr erreichte die Gipfelseilschaft wohlbehalten die Hütte. Nach einer Pause und Gepäckaufnahme in die Rucksäcke stiegen wir ab zur Unteren Bundalpe (1.849 m) und übernachteten dort im Lager.

 

Nebenerlebnis:

„Franz, dein Geldbeutel ist auf der Bergstation der Bergbahn in Kandersteg.“ So wurde ich bei der Rückkehr vom Blüemlisalphorn empfangen.

Ich hatte meinen Geldbeutel beim nächtlichen Aufbruch wohl im Lager liegen gelassen. Ein anderer Gast nahm ihn mit in der Meinung es sei seiner. Unterwegs bemerkte er den Fehler, gab den Geldbeutel an der Bergstation der Bergbahn in Kandersteg ab und rief die Blüemlisalphütte an.

Telefonisch konnte ich absprechen, dass ich den Geldbeutel am kommenden Morgen an der Kasse bei der Talstation in Kandersteg abholen werde.

Dort bekam ich ihn wieder, mit komplettem Inhalt. Vielen Dank an die ehrlichen Bergsteiger und Menschen in Kandersteg.

 

5. Tag

Franz bekam um 6:30 Uhr Frühstück, stieg ab zur Griesalp und nahm den ersten Postbus nach Reichenbach. Von dort fuhr er mit dem Auto nach Kandersteg und holte seinen Geldbeutel ab. Danach fuhr er zurück nach Reichenbach und von dort das Kiental hoch (Postautoroute) bis zum Parkplatz unter der Steilstufe zur Griesalp und wartete auf die Gruppe.

Die Gruppe frühstückte um 8:00 Uhr und stieg danach in Ruhe ab nach Griesalp und weiter durch die Wasserfallschlucht zum Parkplatz, von wo wir um 11:30 Uhr in Richtung Grimsel losfuhren.

Dort bekamen wir einen Parkplatz unter der Staumauer und stiegen dann mit Kletterausrüstung im Rucksack zur Bächlitalhütte auf.

6. Tag

Wir klettern im Klettergebiet der Bächlitalhütte in 2 Gruppen. Eine Gruppe (Tobias, Matthias, Franz) machte kurze Routen im Schwierigkeitsgrad bis 4. Die andere Gruppe (Ralf, Christian, Friedrich) Mehrseillängen bis 5c.

7. Tag

Drei Leute (Tobias, Matthias, Franz) unternahmen eine Hochtour zum großen Diamantstock (3.162m) mit Anstieg über den Ostgrat. Der Anstieg ist klettern im IV+ Bereich über 2 Seillängen. Nach dem Ostgrat folgt der Gipfelanstieg auch teilweise im IV Grad. Im oberen Drittel des Gipfelgrats verloren wir die direkte Route und konnten den 2 .Aufstieg, welcher in Topos beschrieben ist, nicht finden. Wir querten den Berghang auf halber Höhe und erreichten den Normalabstieg. Weil für den späten Nachmittag Gewitter angekündigt waren, entschieden wir gegen 13:00 Uhr abzusteigen.

Wegen des extrem abgeschmolzenen Gletschers seilten wir uns über mehrere 60m Seillängen ab auf den unteren flachen Restgletscher. Der Bau von Abseilstandplätzen in den vom Gletscher glattgeschliffenen Felsen war schwierig und zeitraubend. Nach erreichen des Restgletschers marschierten wir in 1 Std. zurück zur Hütte, rechtzeitig zum Abendessen und vor dem Gewitter.

Die Klettergruppe (Ralf, Christian, Friedrich) hatte an diesem Tag erfolgreich mehrere Mehrseilrouten im oberen 5er Bereich geklettert und waren mit den gekletterten Routen zufrieden.

Ralf wurde von Marlies abgeholt und hat am Abend die Gruppe verlassen.

8. Tag: Abstieg von der Hütte und Heimreise. Unterwegs kurzer Badestopp am Vierwaldstätter See.

 

Nebenerlebnis

Auf allen unseren Hütten waren wir mit dem Nachtessen der Halbpension sehr zufrieden. Das Essen war überall sehr gut und wir nahmen immer die Möglichkeit, Nachschlag zu bekommen, wahr, bei der Suppe und beim Hauptgericht. Nichts blieb übrig.

Die Bergsteiger der Sektion Schwaben sind dort als „Gute Esser“ bekannt!

 

Text: Franz Schmuker