Welttag der Gletscher: DAV fordert mehr Klimaschutz

Alpengletscher schwinden rasant

21.03.2025

Die Gletscher in den Alpen sind ein einzigartiges Naturerbe – doch sie verschwinden schneller als je zuvor. Anlässlich des 1. Welttags der Gletscher am 21. März 2025 macht der Deutsche Alpenverein auf die dramatischen Folgen des Gletscherschwunds aufmerksam und fordert konsequentes Handeln, um die Folgen abzumildern und sich bestmöglich darauf einzustellen.

„Die Gletscher prägen die Landschaft der Alpen und sind eng mit dem Bergsport verknüpft. In den Ostalpen ist ihre Existenz nur noch eine Frage der Zeit, selbst die härtesten Klimaschutzmaßnahmen können das Abschmelzen nicht verhindern“, sagt DAV-Experte Dr. Tobias Hipp. „Wir müssen trotzdem die verbleibenden Gletscherflächen bestmöglich schützen und uns Gedanken machen, wie die Zukunft in den Alpen ohne Eis aussehen wird”.

Gletscherschmelze in den Alpen: Ein unaufhaltsamer Trend

Seit 1850 haben die Gletscher der Alpen mehr als 60 Prozent ihres Volumens verloren – und der Eisverlust wird immer rasanter. Die deutliche Beschleunigung wird erneut belegt durch eine im Februar 2025 veröffentlichte Studie im Wissenschaftsjournal „Nature“. Ein Forschungsverbund, an dem auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt mitgewirkt hat, kommt zu dem Ergebnis: Zwischen den Jahren 2012 und 2023 schmolz 36 Prozent mehr Gletschereis ab als zwischen 2000 und 2011.

Ähnlich dramatische Daten zeigt auch der aktuelle Gletscherbericht 2023/24 des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV). Nahezu alle gemessenen Gletscher in Österreich zogen sich im vergangenen Jahr zurück – im Schnitt um 24,1 Meter. Spitzenreiter war der Sexegertenferner in den Ötztaler Alpen mit 227,5 Metern Rückzug. Laut Prognosen werden die Alpen bis 2100 weitgehend eisfrei sein, nur noch rund fünf Prozent des heutigen Eisvolumens dürften verbleiben.

Folgen für Natur, Wasser und Bergsport

Die Gletscherschmelze hat weitreichende Konsequenzen:

  • Mehr Naturgefahren: Nicht nur Permafrost stabilisiert Hänge und Felswände, auch der Gegendruck der Gletscher hält Gelände stabil. In der Kombination mit der Erwärmung des Permafrosts sowie einer nachgewiesenen Zunahme von Extremniederschlagsereignissen wird es in Zukunft häufiger Steinschläge, Felsstürze oder Murgänge geben.
  • Wasserknappheit: In den Alpen haben Gletscher als Wasserspeicher nur für kleinere Regionen (z.B. Ötztal oder Vinschgau) Bedeutung. Trotzdem kämpfen Alpenvereinshütten schon heute mit einer zunehmend unsicher werdenden Wasserversorgung aufgrund des Verlusts der Gletscher und Schneefelder sowie längeren Hitzeperioden.
    Weltweit sieht es schlechter aus: Im Himalaya oder in den Anden werden ganze Metropolen und Millionen von Menschen vom Schmelzwasser der Gletscher versorgt.
  • Bergsport: Der Bergsport blickt einer ungewissen Zukunft entgegen: kürzere Winter und weniger Schnee, zunehmende Naturgefahren, schwindendes Eis in den Nordwänden, sich verändernde Saisonen und Unsicherheit, welche Touren nach dem Abschmelzen der Gletscher überhaupt noch möglich sein werden. Bei hochalpinen Stützpunkten ist die Gefahr von Sackungen oder Instabilitäten durch den tauenden Permafrost nicht zu vernachlässigen.  

DAV fordert mehr Klimaschutz – und geht mit gutem Beispiel voran

Der Deutsche Alpenverein setzt sich aktiv für den Schutz der Alpengletscher und den Klimaschutz ein. Mit dem Ziel „Klimaneutral bis 2030 – by fair means“ zeigt der DAV, dass auch große Verbände Verantwortung übernehmen können. Dabei geht er nach dem Prinzip „Vermeiden vor Reduzieren vor Kompensieren“ vor.

Zu DAV-Maßnahmen für den Gletscher- und Klimaschutz gehören:

  • Aktiver Gletscherschutz: Der DAV setzt sich für die naturschutzfachliche und raumplanerische Unterschutzstellung von Gletschern und Gletschervorfeldern ein, wo dies in den Alpen noch nicht der Fall ist. Zusammen mit dem Österreichischen Alpenverein und weiteren Naturschutzverbänden positioniert er sich klar gegen weitere Erschließungen von unberührten Gletscherflächen durch Skigebiete und fordert den konsequenten Erschließungsstopp dieser hochsensiblen und für die Bewältigung der Biodiversitätskrise essenziellen Naturräume.
  • Nachhaltige Hüttenbewirtschaftung: Viele Alpenvereinshütten setzen bereits auf erneuerbare Energien und klimafreundliche Bauweisen – weitere Sanierungsprojekte laufen.
  • Förderung klimafreundlicher Anreise: Der DAV setzt sich für eine bessere Bahn- und ÖPNV-Anbindung von Bergregionen ein, um den CO₂-Ausstoß durch Anreisen mit dem Auto zu reduzieren.

Berge in Bewegung – und der DAV mittendrin

„Neben forciertem Klimaschutz, müssen sich die Alpenvereine auch mit der Anpassung an neue Gegebenheiten beschäftigen“, erklärt Hipp. „Die Fragen sind: Wie gehen wir mit den zunehmenden Naturgefahren um? Wie sieht der Bergsport der Zukunft aus?“ Der DAV beteiligt sich deshalb an Forschungsprojekten, beispielsweise zu den Folgen des Gletscherrückgangs für Wege und die Sicherheit im Bergsport (z.B. Projekt ReHike). Auf die Veränderungen im Wasserhaushalt reagiert der DAV beispielsweise mit dem Umbau von Hütten, um einen geringeren Wasserverbrauch zu gewährleisten (z.B. Neue Prager Hütte im Sommer 2025). Im Herbst wird es außerdem eine große verbandsinterne Veranstaltung geben, auf der die Folgen des Klimawandels für die Infrastruktur, den Bergsport und den Verband diskutiert werden.

Premiere für Gletscher-Filmdoku

Passend zum Jahrestag der Gletscher feiert auch die Film-Dokumentation „Requiem in Weiss“ Premiere. Der Film von Harry Putz wurde an 14 Gletschern in Österreich, Deutschland, Italien und der Schweiz gedreht und stellt die Frage: Wie gehen wir mit dem Verlust der Gletscher um – schützen wir, was zu schützen ist, oder nutzen wir sie, solange es noch geht?  DAV-Gletscherexperte Dr. Tobias Hipp erklärt vor der Kamera die Auswirkungen auf den Bergsport. Weitere Infos zur Filmdoku finden Sie unter requieminweiss.com

Sonderausstellung im Alpinen Museum

Die schmelzenden Alpen-Gletscher sind auch ein wichtiger Aspekt der Sonderausstellung „Zukunft Alpen. Die Klimaerwärmung“, die der DAV im Alpinen Museum in München noch bis August 2026 zeigt. Dort wird eindrucksvoll auf die unterschiedlichsten Auswirkungen und Herausforderungen der Klimaerwärmung in den Alpen geblickt: Auf die Folgen für die Biodiversität, steigende Naturgefahren, den Druck, neue Energieanlagen zu errichten, den Wandel der touristischen Infrastruktur und zunehmende Einschränkungen und Gefahren für Bergsportler*innen.

Der Sexegertenferner ist der traurige Rekordhalter: Minus 227,5 Meter hält der Gletschermessdienst des Österreichischen Alpenvereins für die vergangene Messperiode fest. (Foto:ÖAV/Bernd Noggler)